22 Jun Seminarplanung – Teil 2: Kursplanung und der zeitliche Ablauf eines Seminartags
Wer ein Seminar halten will oder muss, der steht oft vor einer schweren Aufgabe. Dabei geht es oft gar nicht um die Inhalte im Seminar – schwierig sind oft viel mehr die Dinge drumherum: die Zeitplanung, richtig und passend gesetzte Pausenzeiten, die Verpflegung der Teilnehmer und das Schaffen einer angenehmen Atmosphäre. In unserem Beitrag geben wir deshalb einmal ein paar wertvolle Hilfen und Tipps für den gelungenen Seminartag.
Was schon im Vorfeld wichtig ist
Mit der Planung für ein Seminar sollte auf jeden Fall rechtzeitig begonnen werden. Das bedeutet nicht Tage vorher – sondern besser Wochen, wenn nicht sogar Monate vorher. Wenn der Seminartermin feststeht, sollte man zunächst einmal die Teilnehmer einladen (sofern es sich um ein Seminar handelt, das sich an bereits bekannte Teilnehmer richtet). Menschen brauchen oft eine ganze Weile Vorlaufzeit, bis sie sich an einem bestimmten Tag frei machen können – wenn es sich um ein kostenpflichtiges Seminar handelt, sollte ihr den Teilnehmern auch immer ausreichend Zeit geben, ihren Seminarbeitrag bezahlen zu können – damit er noch rechtzeitig bis zum Seminartag eingetroffen ist. Auf diese Art und Weise erspart ihr euch eine Menge Ärger mit Bezahldingen.
Im Lauf der Zeit werden dann die Rückmeldungen eintreffen, wer tatsächlich am Seminar teilnehmen will – und wer fernbleibt. Idealerweise habt ihr schon einige Wochen vor dem Seminartag einen Anmeldeschluss festgelegt – auf diese Weise kennt ihr die Zahl der Teilnehmer dann so rechtzeitig, dass ihr noch entsprechende Änderungen im Plan vornehmen könnt, wenn nötig (Raumgröße, Catering, etc.). Die Zahl der Teilnehmer ist überaus wichtig für die Seminarplanung – Abläufe sind oft ganz anders, wenn lediglich 5 Teilnehmer anwesend sind, als wenn der Raum mit 25 Menschen vollgepackt ist. Auch der Zeitbedarf ist dann ganz anders. Wer auf XING aktiv ist, kann sich für die vorbereitenden Arbeiten gut auf ein spezielles Seminartool von XING verlassen.
Bei öffentlichen Seminaren ist es oft schwieriger, vorauszuplanen, da man weder die Teilnehmer noch die Teilnehmerzahl kennt. Hier muss man sich im Zweifelsfall für das Schlimmste rüsten (Teilnehmerzahl, Vorkenntnisse, etc.) und zur Not ein wenig improvisieren.
Zeitabläufe planen
Der Zeitablauf ist einer der schwierigsten Punkte bei einem Seminartag, der auch den größten Aufwand an Planung erfordert. Neben dem eigentlichen Seminarablauf muss auch noch viel Zeit für andere Dinge bleiben:
- eine Begrüßung und einleitende Worte, die die folgenden Abläufe erklären
- eventuell auch eine Vorstellungsrunde der Teilnehmer
- Pausen
- Essens- und Verpflegungszeiten
- Zeit für Diskussionen, Erörterungen einzelner Themen und Fragen
- Vorbereitungszeit für den Einsatz bestimmter Methoden (Tische umstellen, Gruppen bilden, Equipment aufbauen, etc.)
- Zeit für ein wenig Smalltalk
All das kostet Zeit – und muss auch vorausgeplant werden. Es sind am Ende immer die kleinen Dinge, über die man stolpert, und die am Ende sogar die großen Abläufe noch komplett durcheinander bringen können.
Seminare inhaltlich planen
Selbst bei einem Tagesseminar hab ihr niemals 10 oder 12 Stunden Zeit, um Wissen zu vermitteln. Das Maximum liegt bei 4 – 6 Stunden, die ihr dazu verwenden könnt, um dem eigentlichen Seminarzweck nachzukommen. 8 Stunden sind vielleicht möglich, wenn die Teilnehmer nicht erst anreisen müssen oder sich alle von früheren Seminaren kennen und sich dadurch das Seminar-Miteinander schon etwas eingespielt hat. Selbst bei dieser vergleichsweise geringen Menge an Zeit (auch ein gewöhnlicher Arbeitstag hat für die meisten rund 8 Stunden) lauft ihr allerdings schon Gefahr, einzelne Teilnehmer zu überfordern. Die Aufmerksamkeitsspanne von Menschen ist nicht sehr groß und Aufnahmefähigkeit für Wissensinhalte ebenfalls nicht. Das solltet ihr immer im Hinterkopf haben.
Ihr habt also – unterbrochen von notwendigen und sinnvollen Pausen – nur wenig Zeit, die eigentlichen Seminarinhalte an den Mann zu bringen – auf eine Weise jedenfalls, bei der sich die Teilnehmer noch wohlfühlen.
Wie viel Zeit wofür?
Wenn wir nun einmal von der Planung der Inhalte absehen, lässt sich ein grober Ablauf des Seminartags ungefähr so skizzieren:
Beginn der Veranstaltung
- Begrüßung der Teilnehmer
- Selbstvorstellung [für diese beiden Punkte 5 – 10 Minuten einplanen]
- Erklärung der Ziele des Seminars, der vermittelten Inhalte und des zeitlichen Ablaufs, Hinweis auf vorhandene Getränke und Snacks [10 – 20 Minuten einplanen] [Gesamtzeit Einleitung: 20 – 30 Minuten *]
*Wer die Teilnehmer auf vorhandene Getränke und/oder Snacks hinweist, muss ihnen dann noch etwas Zeit geben, sich etwas zu holen. Meist reagieren Teilnehmer auf den Hinweis sofort. Am besten hier noch einmal Zeit einplanen [10 Minuten].
Inhaltlicher Teil der Veranstaltung
- Seminarblock 1 / Thema 1 [40 – 50 Minuten einplanen] kurze Pause [am besten 10 Minuten]
- Seminarblock 2 / Thema 2 [40 – 50 Minuten einplanen]
- kurze Pause [am besten 10 Minuten]
- Seminarblock 3 / Thema 3 [40 – 50 Minuten einplanen]
- längere Pause [mindestens 20 – 30 Minuten] oder Mittagessen, falls vorgesehen [dann mindestens 45 Minuten]
- Seminarblock 4 / Thema 4 [40 – 50 Minuten einplanen]
- kurze Pause [am besten 10 Minuten]
- Seminarblock 5 / Thema 5 [40 – 50 Minuten einplanen]
- kurze Pause [am besten 10 Minuten]
- Fragen, Erörterungen einzelner Themen, Diskussionen [bis zu 1 Stunde einplanen – abhängig vom Thema und den Vorkenntnissen der Teilnehmer]
Ende der Veranstaltung
- evtl. Abschlussrunde [30 – 60 Minuten einplanen]
- Verabschiedung [10 – 20 Minuten einplanen]
Auf diese Weise wird ein entspannter Seminartag für die Teilnehmer entstehen, der auch niemanden überfordert.
Warum so häufige Pausen?
Das menschliche Gehirn ist nicht unbegrenzt aufnahmefähig. Schon nach einer kurzen Zeit schaltet es gleichsam ab, und kann dann neue Informationen nicht mehr aufnehmen. Studien haben gezeigt, dass Menschen in einem Rhythmus von 52 / 17 im Schnitt am produktivsten und am konzentriertesten arbeiten – das bedeutet 52 Minuten Arbeitszeit, 17 Minuten entspannte Pausen, bei denen man sich vom Thema löst, sich idealerweise etwas bewegt oder den Raum verlässt. Das könnt und solltet ihr euch auch für den Seminarablauf zunutze machen: die Teilnehmer sind dann konzentrierter und nicht „erschlagen“ vom Inhalt des Seminars. Einem 90-minütigen Vortrag kann kaum jemand aufmerksam folgen – bei den meisten ist die Aufnahmekapazität hier schon nach der Hälfte der Zeit erschöpft. Das solltet ihr natürlich vermeiden – im Interesse der Seminarinhalte und im Interesse der Teilnehmer.
Zudem sollte man auch immer ein wenig an die Raucher im Raum denken – Pausen sollten möglichst so lang sein, dass sich eine ruhig gerauchte Zigarette gut ausgeht – das sind mindestens 10 Minuten. Eine Pause von rund einer Viertelstunde ist oft aber vorteilhafter, da die Teilnehmer dann wirklich abschalten können und motiviert und konzentriert wieder zurück in den Seminarraum kommen. Bis alle wieder an ihren Plätzen sind, muss man dann oft noch einige Minuten warten – auch darauf solltet ihr euch bei der Gestaltung der Inhalte einrichten.
Die Inhalte planen
Natürlich kann man Seminare aus dem Stegreif halten und sich lediglich einen groben Plan für die Inhalte zurechtlegen – das tun auch viele. Empfehlenswerter ist es allerdings, sich einen „Leitfaden“ zurechtzulegen und auch aufzuschreiben. In den einzelnen aktiven Blöcken steht nicht so viel Zeit zur Verfügung, ihr solltet euch deshalb knapp auf das Wesentliche konzentrieren.
Beim Schreiben könnt ihr auch besser abschätzen, was noch verständlich ist, oder was umformuliert werden sollte. Wie lange so ein Vortrag dauert, könnt ihr recht einfach mithilfe eines Textverarbeitungsprogramms herausfinden – nämlich indem ihr die Wortanzahl einzelner Punkte feststellt. Ein Nachrichtensprecher spricht üblicherweise im Schnitt 100 Worte pro Minute. Das ist ein Richtwert für gut artikulierte, aber dennoch straff durchgezogene Vorträge. Je 100 Wörter muss also rund 1 Minute Redezeit eingeplant werden, nach jedem Absatz eine Pause von mindestens 5 – 10 Sekunden, damit die Teilnehmer auch die Möglichkeit haben, das Gehörte aufzunehmen.
Inhalte gut strukturieren
Wichtig ist es in einem Seminar, dass das Gesagte auch möglichst gut bei den Teilnehmern „hängenbleibt“ – nur dann ist das Seminar für sie überhaupt wertvoll. Dazu gibt es unterschiedliche Methoden. Seit vielen Jahren hat sich das Sandwich-Prinzip in der Pädagogik bewährt: Dabei wechseln sich Vorträge und Tätigkeiten der Teilnehmer im regelmäßigen Rhythmus ab. Das funktioniert sehr gut, um die Aufmerksamkeit zu erhalten und das erlangte Wissen auch zu festigen, indem man es praktisch umsetzt (Übungsbeispiele lösen, das Thema selbst weiter vertiefen, Überlegungen anstellen,…). Wenn euch das alles zu sehr nach Schulunterricht klingt, solltet ihr aber besser auf alternative Methoden setzen – immerhin sollte sich auch der Seminarleiter mit seinem Seminar wohlfühlen.
Eine Alternative ist beispielsweise das PITT-Modell zur Strukturierung von Inhalten:
-Problematisieren
-Informieren
-Training
-Transfer
Das ergibt die Abkürzung PITT.
In der ersten Phase, dem Problematisieren, wird der Bezug der Teilnehmer zu einem Thema hergestellt: Wofür brauche ich das, wie und wo kann ich es nutzen, warum hilft mir das? Dadurch wird eine positive Motivation und Aufmerksamkeit bei den Teilnehmern für das Thema, da es ihnen logischerweise praktisch nützt. In der Informationsphase erhalten die Teilnehmer die grundlegenden Informationen zum Thema (können sie teilweise aber durchaus auch selbst erarbeiten). In der Trainingsphase setzen sich die Teilnehmer dann selbsttätig intensiv mit dem gerade Gelernten auseinander, denn in der nachfolgenden Transferphase beginnen die Teilnehmer dann, die Umsetzung des Gelernten konkret in ihrem individuellen Alltag einzuplanen.
Für jede Phase können unterschiedliche Methoden verwendet werden – von der Gruppenarbeit bis hin zu Rollenspielen mit unterschiedlicher Perspektive auf das Gelernte oder der Erarbeitung von Checklisten. Man kann entweder den kompletten Seminartag in diesen 4 Phasen strukturieren oder auch jeden einzelnen Themenblock, wenn es sich anbietet. Auch beides zusammen ist möglich.
Mit diesen Hilfen sollte es dann ein Leichtes sein, das Wissen, das ihr vermitteln wollt, gut und vollständig in den vorhandenen Zeitrahmen einzupassen. Insgesamt sollte die Auswahl der Inhalte im Vorfeld immer auf dem ZIM-Prinzip basieren: 1. Ziele und Zielgruppe (welches Ziel habe ich als Seminarleiter, wie genau sieht meine Zielgruppe aus, was soll sie am Ende können); 2. Inhalte auswählen – passend zum Zeitablauf maximal 4 – 6 voneinander unterschiedliche Themenbereiche und 3. Methoden (Welche Methoden eignen sich für welche Inhalte, welche Methoden aktivieren die Teilnehmer am meisten, welche werden sie eher ablehnen?).
Wenn auf diese Weise geplant wird, ist ein gelungener Seminartag, den auch die Teilnehmer als erfolgreich empfinden, sichergestellt. Wir hoffen, ihr habt einen guten Überblick über den zeitlichen und auch inhaltlichen Ablauf eines Seminars bekommen. Natürlich lassen sich die Zeiten auf kürzere Seminare und Workshops sowie längere über mehrere Tage entsprechend anpassen.
2 Comments