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Bild von Uwe Mohr - Goehte Institut Frankfurt - während Interview bei MEET/N/WORK

5 Fragen an Uwe Mohr vom Goethe-Institut

Die Startup- und Unternehmer-Szene hat einiges zu bieten neben innovativen Startups, kreativen Coworking Spaces, auch Acceleratoren und spannende Unternehmerpersönlichkeiten. Damit ihr einen kleinen Einblick bekommt, was und wen es alles gibt, stellen wir euch immer wieder coole Persönlichkeiten aus der Szene vor.

DAS INTERVIEW mit Uwe Mohr

Hallo Uwe, schön, dass Du die Zeit gefunden hast, für uns einmal Rede und Antwort zu stehen. Zuallererst stell Dich einfach kurz vor, wer bist Du und was machst Du?

Mein Name ist Uwe Mohr und ich leite das Goethe-Institut in Frankfurt, das sich seit Juli 2022 in einer Zwischenunterkunft hier bei MEET/N/WORK befindet.

Meine Herkunft hat mich eher nicht für eine berufliche Laufbahn im internationalen Bereich prädestiniert. Ich komme aus einer recht kleinbürgerlichen Familie aus Köln. Meine Eltern hatten eine kleine Drogerie und als die Discounter die Existenz der familiengeführten Drogerien bedrohten, hat mein Vater schnell noch zum Bankkaufmann umgeschult. Die Welt meiner Eltern drehte sich um die Fürsorge für die Familie, um Sicherheit und verlässliche Zukunftsplanung. Die große weite Welt war Lichtjahre entfernt, ich hatte kein großes Interesse an Politik und Kultur, wollte immer Fußballreporter werden. Mein Vater hoffte, dass ich, so wie er auch, einmal im Banken- oder Versicherungswesen enden würde. In einem stabilen, sicheren Umfeld, möglichst in seiner Nähe. So hatte ich mich eigentlich auf dieses Leben eingestellt, wollte gar nicht mehr studieren, sondern die für mich angedachte Banklehre machen. Zum Glück fiel ich beim ersten Assessment Center im „Logik-Test“ durch.

Irgendwann wuchs der Gedanke, dass dies dann doch nicht genug sei für den Rest des Lebens, und kurz vor Einschreibungsschluss immatrikulierte ich mich, noch ohne genauen Plan, an der Universität zu Köln für Sozialwissenschaften und Anglistik/Amerikanistik. Das Studium und die Begegnungen an der Uni eröffneten mir völlig neue Welten. Ich begann mich für Politik, Kultur, Literatur und internationale Themen/Reisen zu interessieren. Meine erste große Liebe erzählte mir von Jacques Brel, tanzte Ballett, trank schwere französische Rotweine und las traurige Gedichte, alles Dinge, die ich bis dahin nicht kannte. Mein Horizont weitete sich und es entstand die Idee, für eine sinnvolle, internationale Organisation im Ausland zu arbeiten, vielleicht als Auslandskorrespondent. Nach einem Jahr in den USA an der University of Washington in Seattle konnte ich einen Platz im Masterprogramm des Europa-Kollegs Brügge ergattern. Von dort führen die Wege meist in eine der Europäischen Institutionen oder zum Auswärtigen Amt.

Ich hatte schon begonnen, mich für den Aufnahmetest des Auswärtigen Amtes vorzubereiten und für den Allgemeinwissen-Test dort die afrikanischen Hauptstädte und Verdi-Opern auswendig zu lernen, als ich eher zufällig mit dem Goethe-Institut in Berührung kam. Die Leute des Goethe-Instituts, die wir in Brügge trafen, waren anders als die eher steifen Repräsentanten der EU und des Auswärtigen Amtes — irgendwie lockerer, kreativer, alternativer. So hatte ich das Gefühl, dass ich mich bei dieser Arbeit weiterentwickeln und spannende Menschen treffe. Außerdem dachte ich, dass ich viel Neues über die internationale Kultur und mich selbst lernen könne. Wichtig erschien es mir, einer sinnstiftenden Arbeit nachzugehen, bei der man etwas bewegen kann. Als „Kölsche Jong“ wollte ich meine kommunikativen Talente einbringen, ohne dabei in zu starre Zwänge und Regeln eingebunden zu sein. Auch wenn dies schlechter bezahlt war als eine Tätigkeit als EU-Funktionär oder Diplomat.

So ließ ich mich auf das Abenteuer einer Tätigkeit als „Entsandter mit weltweiter Versetzbarkeit“ im Goethe-Institut ein. Seit 1990 habe ich in unterschiedlichen Leitungsfunktionen in Dublin, Triest, Rom, Boston, Brüssel und Buenos Aires gearbeitet. In Frankfurt bin ich nun seit September 2020 an einem der 12 Inlandsinstitute. Auch wenn die Wechsel des Einsatzortes/-landes alle 4-5 Jahre einige Härten und krisenhafte Situationen für das Privatleben mich sich brachten, habe ich meine Entscheidung nie bereut. Ich glaube, dass mich die internationale Tätigkeit und viele Begegnungen mit interessanten Menschen mental jung, wach und neugierig gehalten haben. Dafür bin ich sehr dankbar.

Das Goethe-Institut steht ja vor allem für die deutsche Sprache und ist eine Art Sprachrohr dafür im In- und auch Ausland. Wie sieht diese Arbeit ganz konkret aus? Was ist der Schwerpunkt?

Das Goethe-Institut ist das offizielle Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland und mit über 4000 Mitarbeiter*innen in 158 Filialen in 98 Ländern weltweit tätig. 1952 wurde das erste Auslandsinstitut in Athen gegründet. Seit über siebzig Jahren ermöglicht das Goethe-Institut den internationalen Kulturaustausch, fördert den Zugang zur deutschen Sprache und unterstützt die freie Entfaltung von Kultur und Wissenschaft.

Als das global tätiges Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland setzen wir uns für die Verständigung zwischen Deutschland, Europa und der Welt ein. Die Grundlage dafür bildet der Rahmenvertrag mit dem Auswärtigen Amt. Weltweit informieren wir über die kulturelle und gesellschaftliche Vielfalt Deutschlands und Europas. Das Auswärtige Amt fördert unsere Arbeit institutionell. Als eingetragener Verein agieren wir eigenverantwortlich, parteipolitisch ungebunden und rechtlich selbstständig. Rund ein Drittel unseres Budgets erwirtschaften wir durch Erlöse aus Sprachkursen und Prüfungen selbst. Darüber hinaus unterstützen uns die Europäische Union, weitere Bundesministerien sowie Stiftungen und Unternehmen im In- und Ausland.

Wir tragen zur Verankerung der deutschen Sprache in den Bildungssystemen der Gastländer bei. Mehr als 100.000 Schulen weltweit unterstützen wir bei der Durchführung eines hochwertigen Deutschunterrichts und fördern die Weiterbildung und Qualifizierung von Deutschlehrenden. Darüber hinaus bieten wir Sprachkurse an, die von allgemeinen Deutschkursen über berufsvorbereitende Sprachkurse bis hin zu Seminaren der gesellschaftlichen und kulturellen Sensibilisierung reichen. Online-Kurse und Selbstlern-Programme sind Teil unseres Angebots. Pro Jahr legen weltweit mehr als eine halbe Million Menschen eine Deutschprüfung an einem Goethe-Institut oder bei unseren Kooperationspartnern ab. Mit einem breiten Lern- und Informationsangebot unterstützen wir insbesondere Studierende und Fachkräfte aus dem Ausland auf ihrem Weg nach Deutschland.

Mit unserem globalen Netzwerk vertrauen wir auf das Potenzial des internationalen Kulturaustausches. Unsere rund 20.000 Kulturveranstaltungen im Jahr entstehen in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit staatlichen und außerstaatlichen Institutionen und zivilgesellschaftlichen Initiativen in unseren Gastländern. Wir qualifizieren, beraten und vernetzen Kreative und unterstützen den Aufbau nachhaltiger Strukturen in der Kultur- und Kreativwirtschaft, etwa durch Weiterbildungsmaßnahmen für Kulturunternehmer*innen oder die Internationalisierung von Kreativunternehmen. Mit unseren Residenzprogrammen, Kooperationen und Koproduktionen fördern wir die globale Vernetzung von Kulturschaffenden. Akteur*innen der Zivilgesellschaft bieten wir Schutz- und Freiräume, um einen offenen Meinungsaustausch zu ermöglichen. Den demokratischen Dialog lassen wir auch in schwierigen Zeiten nicht abreißen. Wir orientieren uns in unserer Arbeit an den Werten einer demokratischen, freiheitlichen und rechtsstaatlichen Gesellschaftsordnung.

Über unsere digitalen Informations- und Lernangebote in mehr als 60 Sprachen und ein Netzwerk mit 95 Bibliotheken bieten wir Orte des Lernens, der Begegnung und der Partizipation. Wir nutzen innovative Technologien, ergreifen die Chancen der Digitalisierung und reflektieren gleichermaßen ihre Auswirkungen auf Mensch und Gesellschaft. Durch vielfältige Formate wie Informationsreisen für Multiplikator*innen, den fachlichen Austausch zwischen Expert*innen, Jugendaustauschprogramme und internationale Festivals ermöglichen wir weltweite Begegnungen.

In Deutschland ist das Goethe-Institut mit 12 Inlandsinstituten vertreten, die als Hauptaufgabe die Organisation von hochwertigen Sprachkursen sowie der weltweit anerkannten Goethe-Prüfungen haben. Daneben möchten wir im Sinne der Willkommenskultur Zuwanderern nach Deutschland die Integration in die deutsche Gesellschaft erleichtern und sie bei ihrem Ankommen in Deutschland begleiten.

Frankfurt ist damit natürlich der perfekte Standort für das Goethe-Institut, oder? Hier ist das Banken- und Finanzzentrum, aber auch die Tourismusbranche angesiedelt. Zudem ist die Mainmetropole als besonders international und multikulturell bekannt. Es kommen ja viele aus den unterschiedlichsten Ländern für die Arbeit hierher. Da denkt man allerdings eher an Englisch als Hauptverkehrssprache. Welche Rolle spielt die deutsche Sprache noch? 

Ja, Frankfurt als multikulturelle Stadt sowie internationales Banken- und Finanzzentrum im Herzen Europas ist natürlich ein hervorragender Standort für das Goethe-Institut. Das bietet großartiges Potential für unsere Arbeit. Die Arbeit als Institutsleiter in solch einem multikulturellen Umfeld ist besonders interessant und erfüllend. Wir denken, dass wir unsere Aktivitäten nach Einzug in unsere eigene Liegenschaft wieder erweitern können. Trotz der momentanen räumlichen Einschränkungen in der Zwischenunterkunft sind wir dankbar für die Zusammenarbeit mit dem MEET/N/Work, wofür ich Sevil von Kuczkowski und ihrem Team ausdrücklich danken möchte.

Es stimmt, dass in vielen internationalen Firmen und Organisationen Englisch die meistgenutzte Arbeitssprache ist oder zumindest in Teilen verwendet wird. Unserer Erfahrung nach wird aber auch in diesen Unternehmen, vor allem im lokalen Kontext, Deutsch auf höherem Niveau benötigt. Besonders aber für die Eingewöhnung in das deutsche Alltagsleben ist es wichtig. Und auch für die kulturelle Teilhabe in Frankfurt sind Deutschkenntnisse ein unverzichtbarer Teil für das Gelingen der Integration. Im Café, in der Bäckerei, beim Besuch von Kulturveranstaltungen, dem Aufbauen von Freundschaften oder beim „Date“ bildet die deutsche Sprache eine Brücke auf zwischenmenschlicher und Verständigungsebene. Sie ist das Eingangstor zur deutschen Kultur. Die Sprache hilft entscheidend beim „Funktionieren“ im Alltag und verbessert die Lebensqualität und die Entfaltungsmöglichkeiten in allen Lebensbereichen.

So befähigen gute Sprachkenntnisse die Newcomer zum „Mitreden“, zur kulturellen und gesellschaftlichen Teilhabe und erlauben es, ein gleichberechtigtes Mitglied in der Frankfurter Stadtgesellschaft zu werden, nicht nur hier zu arbeiten, sondern ein erfülltes Leben zu führen. Erst durch den Erwerb der Sprache kann man wirklich ankommen und kann eine Integration von selbstbewussten „Mitbürger*innen“ gut gelingen. Das ist es, was eine so multikulturelle, internationale Stadt wie Frankfurt braucht: aktive, selbstbewusste und gleichberechtigte neue Mitbürger*innen, die die Stadt mit ihren kulturellen Erfahrungen, Ideen und Talenten voranbringen und bereichern.

Die Sprache sprechen zu können, sich mit Kollegen, aber auch Kunden unterhalten zu können, ist das Eine. In Deutschland anzukommen und sich integrieren zu können das andere. Die deutsche Kultur ist ja doch auch immer präsent, selbst hier in Frankfurt. Wie beeinflusst das Eure Arbeit und wie unterstützt Ihr dabei?

Wie eben erwähnt sind Sprachkenntnisse entscheidend für die Erhöhung der Lebensqualität am neuen Lebensmittelpunkt und für eine aktive Teilhabe am Leben in Frankfurt. In den Sprachkursen wurden neben Grammatik und Wortschatz schon immer landeskundliche und interkulturelle Kenntnisse zu Deutschland vermittelt. Aufgrund der immer diverseren und multikulturelleren Zuwanderung reicht das aber nicht immer aus, so dass das Goethe-Institut auch neue Arbeitsbereiche in sein Aufgabengebiet übernommen hat. In Frankfurt haben wir seit kurzem im Rahmen eines EU-AMIF-Projekts auch eine „Willkommenscoach“. Die Kollegin berät Zuwander*innen und Newcomer in Frankfurt auch in ganz alltagspraktischen Fragen des Ankommens (Wohnungssuche, Versicherungen, Visa-Fragen usw.).  So ergänzt sie die Arbeit, die vorher schon geleistet wurde. Dabei agieren wir im engen Austausch und unterstützen andere Organisationen, die in diesem Bereich wertvolle Arbeit leisten: Das Welcome Center Hessen, die Arbeitsagentur, das Amt für multikulturelle Angelegenheiten, das FrankfurtRheinMain International Office und verschiedene andere Organisationen und Stellen der Stadt Frankfurt. Uns eint der Wunsch, qualifizierte Fachkräfte und Zuwander*innen, die Deutschland und Frankfurt ja so dringend benötigt, willkommen zu heißen. Wir wollen diese auf ihrem Weg zu einem selbstbestimmten, lebenswerten und erfüllten Aufenthalt in Frankfurt begleiten.

Wer sich tagtäglich mit Sprache beschäftigt, der leistet viel Kopfarbeit. Was machst Du zum Ausgleich? Wo findest Du in Frankfurt einen Ort zum Entspannen?

In meinem Job ist der Übergang von Berufsleben und Freizeit eigentlich fließend. Man ist „rund um die Uhr“ im Einsatz und muss ständig erreichbar und ansprechbar sein. Ja, es ist anstrengend, aber ich genieße auch das Privileg, etwas zu tun, was sinnstiftend ist.  Ich gehe gerne spazieren, am Mainufer, im Stadtwald oder Taunus, lese gerne und höre viel Musik. Es gibt einige sehr schöne Museumscafés, in denen man die Welt beobachten und vorbeiziehen lassen kann.  Ich versuche auch regelmäßig Sport zu treiben, was aber nicht immer gelingt. Ich mag es, neue Städte und Landschaften zu entdecken.

 

Vielen Dank für das Interview mit Dir.

 


 

Uwe Mohr ist Institutsleiter des Goethe-Instituts Frankfurt. Damit widmet er sich zum Einen natürlich der deutschen Sprache, zum anderen natürlich der Verwaltung und Organisation des Instituts. Das Goethe-Institut unterstützt euch mit Kursen, um Deutsch zu lernen und auch entsprechende Zertifikate zu erhalten.

Mehr zum Goethe-Institut und zu Uwe Mohr auf der Webseite

 

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