
14 Feb. Gründen in Krisenzeiten – so geht’s
Gründen und Krise klingt wie ein Widerspruch. Das muss aber nicht sein. „Ist jetzt wirklich der richtige Zeitpunkt für eine Gründung?“, diese Frage höre ich als Gründungscoach derzeit besonders häufig. Angesichts von Energiekrise, Inflation und geopolitischen Spannungen ist die Verunsicherung groß. Doch gerade in Krisenzeiten kann eine Unternehmensgründung der richtige Schritt sein – vor allem, wenn der eigene Arbeitsplatz wackelt. Welche Fragen euch dabei besonders bewegen, soll hier einmal näher beleuchtet werden:
Vom Krisenopfer zum aktiven Gestalter
Viele Menschen erleben aktuell, wie ihre berufliche Zukunft durch externe Faktoren bedroht wird. Kurzarbeit, Stellenabbau oder gar
Unternehmensschließungen schaffen ein Gefühl der Ohnmacht. Eine Gründung kann hier der Weg sein, das Heft selbst in die Hand zu nehmen. Statt passiv abzuwarten, was passiert, könnt ihr aktiv werden und eure berufliche Zukunft selbst gestalten.
In meiner Arbeit als Coach erlebe ich immer wieder: Gerade Menschen, die durch eine Krise zum Umdenken gezwungen werden, entwickeln oft besonders tragfähige Geschäftsideen. Sie kennen ihren Markt aus der Angestelltenperspektive, haben wertvolle Branchenkontakte und wissen genau, wo Verbesserungspotenzial liegt.
Die wichtigsten Fragen vor dem Start
Bevor ihr den Schritt in die Selbstständigkeit wagt, gilt es einige zentrale Fragen zu klären:
Finanzielle Absicherung
„Wie sichere ich meine Existenz in der Startphase?“ Diese Frage beschäftigt fast alle angehenden Gründerinnen und Gründer. Wichtig ist
eine realistische Planung. Dabei solltet ihr diese wichtigen Aspekte bedenken und euch folgende Fragen stellen:
- Wie hoch sind eure monatlichen privaten Ausgaben?
- Welche Fixkosten kommen durch die Gründung hinzu?
- Habt ihr Rücklagen für mindestens drei, besser sechs Monate?
- Könnt ihr eventuell im Nebenerwerb starten?
- Welche Fördermöglichkeiten kommen für euch in Frage?
Besonders wenn ihr aus einer Anstellung heraus oder nach einer Kündigung gründet, solltet ihr die Möglichkeit eines Gründungszuschusses prüfen. Dieser kann die kritische Startphase deutlich erleichtern. Anlaufstelle ist dabei die Agentur für Arbeit – aber auch spezialisierte Gründungscoaches beraten bezüglich möglicher Zuschüsse.
Marktchancen in der Krise
„Funktioniert meine Geschäftsidee auch in schwierigen Zeiten?“ Diese Frage ist zentral für den langfristigen Erfolg. Überlegungen, die die wesentlichen Aspekte mit einbeziehen, solltet ihr detailliert angehen. Dabei können euch folgende Fragen als Hilfestellungen dienen:
- Welche neuen Bedürfnisse entstehen durch die Krise?
- Wo entstehen Marktlücken, weil etablierte Anbieter aufgeben?
- Wie könnt ihr euer Angebot krisenfest gestalten?
- Welche digitalen Möglichkeiten könnt ihr nutzen?
Gerade Krisenzeiten bieten oft unerwartete Chancen. Märkte verändern sich schneller, neue Bedürfnisse entstehen, alte Strukturen brechen auf.
Mentale Stärke und Durchhaltevermögen
Die Gründung fordert viel Energie. Vorab solltet ihr daher ehrlich zu euch sein und diese Fragen klären:
- Wie belastbar seid ihr?
- Welche Unterstützung habt ihr im privaten Umfeld?
- Wie organisiert ihr die Balance zwischen Familie und Beruf?
- Welche Strategien habt ihr für den Umgang mit Stress?
Eine realistische Einschätzung eurer Ressourcen ist genauso wichtig wie ein tragfähiger Businessplan. Diesen Aspekt der mentalen Stärke und Resilienz unterschätzen viele Gründende und scheitern dann auch daran.
Liquidität sichern – der Schlüssel zum Überleben
Gerade in unsicheren Zeiten ist eine solide finanzielle Basis entscheidend. Nur so könnt ihr auch flexibel entscheiden und immer wieder Anpassungen vornehmen. Meine wichtigsten Empfehlungen sind daher:
-
- Liquiditätsreserve aufbauen
Plant dafür von Anfang mit einem finanziellen Puffer, so habt ihr diese Flexibilität. Dieser Puffer sollte all eure Fixkosten, privat wie geschäftlich, mindestens 3 – 4 Monate absichern. Dabei solltet ihr möglichst realistische Einnahmeprognosen erstellen und auch verschiedene Szenarien durchrechnen. Das sollte neben dem Best Case auch den Worst Case beinhalten. - Professionelles Kostenmanagement
Neben der Liquiditätsplanung solltet ihr auch eure Ausgaben im Griff haben. Bei diesem Punkt prüft eure Startinvestitionen kritisch auf Notwendigkeit und Kosten. Darüber hinaus solltet ihr die Fixkosten, so weit wie möglich, minimieren. Und gegebenenfalls könnt ihr hier auch flexible Lösungen bevorzugen (z.B. Coworking statt eigenes Büro). Das gibt euch einen größeren, finanziellen Handlungsspielraum. Ein weiterer Punkt, den ihr hierbei beachten könnt, sind die Zahlungsziele mit Lieferanten, über die ihr verhandeln könnt. - Cleveres Einnahmenmanagement
Selbstverständlich sind stabile Einnahmen die beste Grundlage. Wenn ihr verschiedene Einnahmequellen aufbaut, dann sind Krisenzeiten auch weniger bedrohlich. Mehrere Standbeine oder Einnahmequellen können Ausfälle besser abfangen, wie wenn ihr nur auf einen Einkommensstrom setzt. Zusätzlich solltet ihr ein professionelles Forderungsmanagement etablieren, das euch mehr Flexibilität bietet. Dabei hilft es auch klare Zahlungsbedingungen definieren. Eine verlässliche Stammkundenbasis gibt euch außerdem Sicherheit, daher solltet ihr viel Wert darauf legen, zuverlässige Stammkunden aufzubauen.
- Liquiditätsreserve aufbauen
Nur mit gründlicher Vorbereitung könnt ihr von Anfang an das erzeugen, was ich das finanzielle Grundrauschen nenne. Es muss nicht gleich das ganz große Geld sein, aber ein stetiger Einkommensstrom vom ersten Monat an ist wichtig. Voraussetzung dafür, dass der Strom dann breiter werden und schneller fließen kann, sind natürlich zufriedene Kundinnen und Kunden.
Gestärkt aus der Krise hervorgehen
Mit der richtigen Strategie könnt ihr die Krise zudem als Chance nutzen. Wenn ihr schnell reagiert, müssen Krisen gar nicht zur Hürde oder Gefahr werden. Flexibilität ist dabei natürlich besonders gefragt und darüber hinaus könnt ihr einige Vorbereitungen vorab treffen:
Mentale Stärke entwickeln
Herausforderungen könnt ihr besser als Lernchancen betrachten, denn es werden immer wieder Hürden auf euch zukommen. Mit diesen Maßnahmen bestärkt ihr euer Mindset:
- Baut euch ein unterstützendes Netzwerk auf
- Feiert auch kleine Erfolge
- Entwickeln Sie Routinen für regelmäßige Erholung
Flexibles Geschäftsmodell gestalten
Flexibilität ist natürlich das Stichwort in Krisenzeiten. Daher sollte auch euer Geschäftsmodell daraufhin ausgerichtet sein und das gelingt so:
- Bleibt agil und anpassungsfähig für Unvorhergesehenes
- Nutzt vor allem auch digitale Möglichkeiten, denn die gewähren eine höhere Flexibilität
- Beobachtet Marktveränderungen genau und bleibt so am Ball, darüber könnt ihr frühzeitig erste Anzeichen erkennen
- Diversifiziert euer Angebot, denn mehr Möglichkeiten bieten wiederum mehr Chancen
Netzwerke aufbauen
Wie bereits erwähnt, sind Netzwerke eine fantastische Gelegenheit für Gründende. Zum Einen geben sie Rückhalt und zum Anderen ergeben sich darauf auch neue Chancen:
- Sucht bereits früh den Austausch mit anderen Gründern
- Pflegt eure Branchenkontakte, denn diese helfen in Notzeiten
- Nutzt auch Mentoring-Angebote, daraus können viele Learnings entstehen
- Bleibt aber auch mit eurer alten Branche verbunden, ein Backup ist immer gut
Fazit: Gründen in Krisenzeiten kann durchaus gelingen
Mein Fazit als Gründungscoach: Eine Krise kann der ideale Zeitpunkt für eine Gründung sein – wenn ihr gut vorbereitet seid. Statt sich von äußeren Umständen lähmen zu lassen, nehmt eure Zukunft selbst in die Hand. Mit einem durchdachten Konzept, realistischer Planung und der Bereitschaft, flexibel auf Veränderungen zu reagieren, könnt ihr auch in schwierigen Zeiten erfolgreich gründen.
Von Gastautorin Mona Wiezoreck
Mona Wiezoreck ist Gründungscoach und Expertin für erfolgreiches Business Building. Mit ihrem systematischen Coaching-Ansatz unterstützt sie Menschen dabei, ihre Geschäftsideen erfolgreich umzusetzen. Ihr Fokus liegt auf nachhaltigen Gründungsstrategien und der Entwicklung tragfähiger Geschäftsmodelle.
- Im Interview zu den häufigsten Gründungsfehlern hier bei MEET/N/WORK gibt zudem Tipps, worauf ihr für eure Gründung achten solltet.
- Ihr Buch „Gründen aus der Arbeitslosigkeit: Vom Rückschlag zum Aufschlag“ vermittelt die Erfolgsformel für die Gründung.
Das Buch von Mona Wiezoreck könnt ihr hier bei Amazon kaufen.
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